Kanzleramtschef Frei offen für Überarbeitung des Koalitionsvertrags
Angesichts der schwachen Konjunktur in Deutschland hat sich Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) offen für eine grundlegende Überarbeitung des Koalitionsvertrags mit der SPD gezeigt. Es dürfe nicht "stoisch" an der Vereinbarung festgehalten werden, sagte er den RND-Zeitungen vom Freitag. Damit reiht er sich ein in Äußerungen von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU), die kürzlich Maßnahmen auch über den Koalitionsvertrag hinaus gefordert hatte, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Der von Schwarz-Rot ausgearbeitete Koalitionsvertrag sehe "eine Menge Maßnahmen vor, um die Rahmenbedingungen zu verbessern, und einiges haben wir bereits auf den Weg gebracht", sagte Kanzleramtschef Frei dem RND. Generell gelte aber aus seiner Sicht: "Eine Koalition muss die Kraft haben, sich neuen Herausforderungen zu stellen, die man zu Beginn noch nicht absehen konnte."
Die Ampel-Regierung unter dem damaligen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe an ihrem Koalitionsvertrag trotz des russischen Überfalls auf die Ukraine "stoisch festgehalten", sagte Frei. "Wir sollten daraus lernen und flexibler handeln." Möglicherweise heiße das auch, in der schwierigen Wirtschaftslage "verstärkt gegenzusteuern". Industriepräsident Peter Leibinger hatte kürzlich erklärt, die deutsche Wirtschaft sei "im freien Fall" und von der "schwersten Krise in der Geschichte der Bundesrepublik" gesprochen.
Wirtschaftsministerin Reiche hatte kurz vor Weihnachten die konjunkturelle Lage zum Anlass genommen, um eine Ausweitung von Arbeitszeiten, eine längere Lebensarbeitszeit und Einschränkungen beim Kündigungsschutz zu fordern - explizit auch über Absprachen im Koalitionsvertrag hinaus. Dieser sei für sie "die Basis unseres politischen Handelns, für die SPD ist der Koalitionsvertrag aber die Decke", sagte sie dem Portal t-online. "Diese Decke müssen wir zwingend gemeinsam anheben."
Vom Koalitionspartner SPD kam umgehend inhaltlich scharfe Kritik an den Forderungen. Unter anderem der Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner forderte Reiche außerdem auf, den Koalitionsvertrag konsequent umzusetzen, "statt Forderungen aufzustellen, die für den Koalitionspartner völlig indiskutabel sind".
Schon zuvor hatte etwa SPD-Fraktionschef Matthias Miersch auf Forderungen nach einem neuen Koalitionsvertrag entgegnet, er sehe eine grundsätzliche Neuverhandlung "an keiner Stelle". Es müsse jedoch immer wieder geschaut werden, ob es Dinge gebe, die "überarbeitet werden sollen" oder die damals nicht geregelt worden seien.
D.Larsson--StDgbl